POEM = WORK OF ART
AN EXPLORATION OF LITERARY NFTs WITH THEVERSEVERSE
01.-30.4.2022, DFC Francisco Carolinum

 

Teil 2

CRYPTO CONCEPTUALISM

von Christian Bök und Kalen Iwamoto

Der Konzeptualismus stellt eine globale Schule der Avantgarde-Poesie dar, deren Praktiken die „Grenzfälle“ des Schreibens erforschen und unsere Vorurteile über Kreativität und Autorenschaft in Frage stellen. Der Konzeptualismus lässt sich von der Arbeit von Künstler:innen wie Sol LeWitt, Joseph Kosuth, Yoko Ono und Sophie Calle (unter anderen) inspirieren, die sich alle bemüht haben, Kreativität selbst auf eine Reihe von „Regeln“ zu reduzieren, deren Logik nicht in der obligatorischen Schaffung eines konkreten, künstlerischen Artefakts, sondern im potenziellen Argument für eine abstrakte, künstlerische Übung gipfelt.

Der Konzeptualismus in der Poesie greift oft auf die Verwendung von entlehnten Wörtern, erzwungenen Regeln, asemischen Formen und sogar Cyborg-Werkzeugen zurück, um eine Vielzahl von anti-expressiven, anti-diskursiven Techniken zu mobilisieren – und interessiert sich auch für Texte, die Kritiker:innen möglicherweise als zu readymade, zu formalistisch, zu unleserlich oder zu digital abtun, um als lyrisches Schreiben zu gelten. Der Konzeptualismus in der Blockchain stellt weiterhin romantische Vorstellungen von Poesie in Frage und testet das Konzept des Schreibens selbst gegen die Zwänge sowohl des künstlerischen als auch des literarischen Establishments.

Das Krypto-Milieu verwischt die Grenze zwischen Kunstwerk und Schrift und bietet eine neue Möglichkeit, mit dem Material der Sprache zu spielen. Der/die Dichter:in kann nicht nur mit computergestützten Technologien (wie GANs und NFTs) arbeiten, um eine reichhaltige Vielfalt von Kunstwerken zu schaffen und dadurch die Praxis der Poesie selbst zu erweitern – sondern der/die Dichter:in kann auch die soziologischen Implikationen dieses Krypto-Milieus (mit ihren sozialen Manien) hinterfragt, um einige der vielen Risiken aufzuzeigen, die uns in einem so aufregenden Grenzbereich erwarten können.

Die Krypto-Dichter:innen können die Prozesse, Protokolle und Funktionen der Blockchain auswerten, um neuere „Regeln“ für das Schreiben zu erstellen, Störungen in ihre Texte einzuführen, Daten abzufragen und Informationen aus Feeds verwenden, die mit einem Lexikon von Krypto-Redewendungen gefüllt sind. Krypto-Dichter:innen können auch mit den Beschränkungen experimentieren, die NFTs auferlegen: Seien es Beschränkungen bei Dateigrößen, Rasteransichten, Skalen von Miniaturansichten, Formen von Währungen – all dies wird zu „Formen“ für die Poesie. Die Ausstellung zeigt, wie avantgardistische Dichter die Technik seit jeher ihrem Willen unterwerfen.

 

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